Bielefeld

Bielefeld dürfte zu den am meisten unterschätzten Städten in Deutschland gehören.

Bielefeld liegt im Nordosten Nordrhein-Westfalens am Teutoburger Wald. Der natürliche Pass, der sich hier zur Querung des Höhenzuges anbietet, wurde wohl schon im frühen Mittelalter für Handelsreisen genutzt. Die Herrschaft über diesen Pass war somit sowohl aus finanzieller als auch aus militärischer Sicht von Bedeutung. Immerhin wurde hier Wegezoll erhoben. Als Wohnsitz und zur Sicherung des Passes und der im Jahre 1214 erstmals urkundlich erwähnten Stadt Bielefeld wurde von den Grafen von Ravensberg wohl etwa ab 1240 n. Chr. die Sparrenburg errichtet. Über lange Zeit entwickelten sich jedoch quasi zwei "Bielefelds". Während die eigentliche Stadt in den Grenzen der heutigen Altstadt aufgrund ihrer günstigen Verkehrslage durch Handel und Handwerk zu Wohlstand gelangte, entstand recht ungeplant zwischen der Stadtmauer und dem Hang unterhalb der Burg ab 1293 eine weitere Stadt. Ihre Ursprünge liegen in den Unterkünften der Handwerker, die zum Bau der Burg benötigt worden waren. Erst im Jahre 1520 wurden die beiden Städte vereint.

Im 19. Jahrhundert erlebte Bielefeld durch die Industrialisierung einen erheblichen Aufschwung. Leinen hatte in Bielefeld schon immer eine wichtige Rolle gespielt, nun galt es, dieses mit ebensohoher Qualität industriell fertigen zu können, um mit den englischen und irischen Produkten mithalten zu können. Im Sog dieser Entwicklung entstanden auch einige namhafte Maschinenbauunternehmen, um die Textilindustrie auszurüsten. Zunächst als Nebenprodukt des Maschinenbaus begannen ein paar dieser Unternehmen auch mit der Produktion von Nähmaschinen und Fahrrädern. All diese Produkte hatten qualitiativ einen exzellenten Ruf, konnten sich aber wegen der entsprechend höheren Preise nicht langfristig etablieren. Zwar gibt es in Bielefeld durchaus noch Unternehmen, die in diesen Branchen erfolgreich tätig sind, die Bedeutung für die Stadt ist aber inzwischen weit geringer.

Das wohl bekannteste Bielefelder Unternehmen stammt folglich aus keiner dieser Branchen: Dr. Oetker. Das aus der Erfindung haltbaren Backpulvers entstandene und immer noch in Familienhand befindliche Unternehmen hat sich inzwischen zu einem der bedeutendsten europäischen Lebensmittelkonzernen entwickelt. Allerdings stellt Dr. Oetker nicht nur die unter diesem Namen geführten Tiefkühl-, Molkerei- und Backprodukte her, mit der Radeberger-Gruppe und Henkell & Söhnlein gehört das Unternehmen auch zu den größten deutschen Getränkefabrikanten. Der größte Anteil am Umsatz allerdings wird von den konzerneigenen Reedereien erwirtschaftet.

Bielefeld wird gerne als ein wenig kleinstädtisch beschrieben. In der Tat ist diese Stadt nicht ganz so pulsierend und schnelllebig wie beispielsweise Hannover oder das Ruhrgebiet. Da beides jeweils nur etwa hundert Kilometer entfernt liegt, muss sich Bielefeld immer wieder diesen Vergleichen stellen. Tatsächlich aber hat Bielefeld über 325.000 Einwohner und verfügt über mehrere Hochschulen mit zusammen über 40.000 Studienplätzen. Das Stadttheater, zwei Multiplexkinos, mehrere Diskotheken und Veranstaltungshallen sowie einige Museen bieten kulturelle Unterhaltung für vielerlei Ansprüche, ergänzt durch eine abwechslungsreiche gastronomische Landschaft. Die Wälder des Teutoburger Waldes und die Felder in den Stadtrandgebieten laden ebenso zur Naherholung ein wie die zahlreichen Parkanlangen, während in der Innenstadt sich eine Vielzahl verschiedenster Geschäfte findet.

Da sich das alles aber auf immerhin etwa 250 Quadratkilometer verteilt, entsteht schnell der Eindruck ländlicher Provinzialität. In Wahrheit aber wird Bielefeld dadurch aber lebenswert. Es ist alles vorhanden, was zum Leben benötig wird - auch Raum zur Erholung!